Arbeitslosengeld II – Grundsicherung für Arbeitsuchende

In meiner täglichen Arbeit als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht spielt das Arbeitslosengeld II („Hartz IV“), also die Grundsicherung für Arbeitsuchende, eine große Rolle. Ich möchte Ihnen hier eine kurze Übersicht über das Arbeitslosengeld II und einige aus meiner Sicht häufig vorkommende Streitpunkte mit dem JobCenter geben.

Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass Personen, die sich keinen Anwalt leisten können, möglicherweise Beratungshilfe bewilligt werden kann und die Kosten für die Beratung oder Vertretung durch einen Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin für Sie übernommen werden. Die Prüfung erfolgt durch das örtlich für Sie zuständige Amtsgericht, nähere Informationen erhalten Sie z. B. auf den Seiten des Niedersächsischen Landesjustizportals. Ich empfehle dringend, erst nach Bewilligung der Beratungshilfe einen Rechtsanwalt aufzusuchen, damit die Übernahme der Kosten sichergestellt ist.

Arbeitslosengeld II
Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll den Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet das Zweite Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Träger der Leistungen sind die so genannten JobCenter.

Anspruchsvoraussetzungen
Leistungen werden grundsätzlich nur auf Antrag gewährt. Leistungsberechtigt ist, wer vier Voraussetzungen erfüllt: Leistungen erhalten Personen, die
– das 15. Lebensjahr vollendet und die gesetzliche Altersgrenze noch nicht erreicht haben,
– erwerbsfähig sind,
– hilfebedürftig sind und
– ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können Leistungen erhalten, wenn sie mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben.

Leistungen nach dem SGB II
Sofern Sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, erhalten Sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, nämlich insbesondere
– den Regelsatz (für das Jahr 2016: 404,00 € für alleinstehende / alleinerziehende erwachsene Personen)
– den Bedarf für Unterkunft und Heizung
– Mehrbedarfe (für werdende Mütter, Alleinerziehende, behinderte Menschen, kostenaufwändige Ernährung oder für Nichterwerbsfähige mit Merkzeichen G) und atypische Bedarfe
– Einmalsonderleistungen (z. B. Erstausstattung der Wohnung)
– Leistungen der Bildung und Teilhabe (z. B. Schulbedarf, Beiträge für Sportverein).

Bedarfsgemeinschaft
In das SGB II wurde vom Gesetzgeber der Begriff der Bedarfsgemeinschaft eingefügt. Personen, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, sollen sich in Notlagen gegenseitig unterstützen und ihren Lebensunterhalt gemeinsam decken. Das Einkommen und Vermögen des mit dem Leistungsberechtigten in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners ist in diesem Fall mindernd zu berücksichtigen und die Regelleistung der Partner kürzt sich auf jeweils 90 %.

Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
1. die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2. die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3. als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a) die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b) die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c) eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

Ein Unterfall der Bedarfsgemeinschaft ist die Einstandsgemeinschaft, die angenommen wird, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

Die Bedarfsgemeinschaft ist abzugrenzen von der Wohngemeinschaft und der Haushaltsgemeinschaft.

Eine Wohngemeinschaft ist eine Gemeinschaft von Personen, die zusammen wohnen, ohne aufgrund familiärer oder persönlicher Bindungen füreinander verantwortlich zu sein. Eine Anrechnung von Einkommen und Vermögen oder eine Reduzierung der Regelleistung findet dementsprechend nicht statt.

Eine Haushaltsgemeinschaft liegt vor, wenn mehrere Personen beispielsweise auf familiärer Grundlage zusammen wohnen und wirtschaften. Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

Einkommen und Vermögen
Vorrangig muss zur Sicherung des Lebensunterhaltes eigenes Einkommen und Vermögen eingesetzt werden. Einkommen ist das, was die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft während des Bezugs der Leistung hinzugewinnen. Bei Antragstellung bereits vorhandene Werte sind dagegen Vermögen.

Als Einkommen sind grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigten, die im Bezugszeitraum zufließen. Nach dem so genannten Zuflussprinzip kommt es darauf an, wann das Geld zufließt, nicht wofür. Z. B. kann eine Einkommensteuererstattung dementsprechend als Einkommen anzurechnen sein.

Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Einkünfte, die in § 11 a SGB II aufgeführt sind sowie Einkünfte, die in der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung ausdrücklich ausgenommen sind, z. B: Pflegegeld, Überbrückungsbeihilfe, Eigenheimzulage, Kindergeld, sofern das Kind nicht im Haushalt lebt und der Betrag nachweislich an das Kind weitergeleitet wird.

Soweit verwertbares Vermögen vorhanden ist, muss dieses erst aufgebraucht werden, bevor ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II besteht. Das gilt allerdings nicht, wenn gewisse Freibeträge nicht überschritten werden, es sich um Schonvermögen handelt oder die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.

Sanktionen
Sofern Leistungsberechtigte eine bestimmte Pflicht verletzen, kann dies zu einer Sanktion durch das JobCenter führen. Eine solche Pflichtverletzung kann z. B. in der Weigerung liegen, die in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten zu erfüllen oder eine zumutbare Arbeit aufzunehmen. Wenn eine Pflichtverletzung festgestellt wird, kann dies bei über 25jährigen Leistungsempfängern in einer ersten Stufe zu einer Minderung des Regelbedarfs in Höhe von 30 % für einen Zeitraum von drei Monaten führen. Für den Verstoß gegen eine Aufforderung, sich bei dem Leistungsträger zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, ist eine Sanktion von 10 % des Regelbedarfs vorgesehen.

Für unter 25jährige und für weitere Pflichtverstöße gibt es Sondervorschriften.